Wanderer über dem Nebelmeer
1817/1818
Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1970
Der Wanderer über dem Nebelmeer von 1818 gilt heute als Inbegriff der Romantik. Friedrich selbst war auch ein begeisterter Wanderer und häufig in der Umgebung von Dresden oder im Riesengebirge unterwegs. Auch plante er mehrfach in die Schweiz zu reisen, wo er sicherlich auch einige Gipfel erklommen hätte.
Wie viele Werke von Friedrich ist auch der Wanderer von verschiedensten Menschen immer wieder neu interpretiert worden. Nicht wenige verweisen dabei auf eine allegorische Bedeutung, die dem Motiv eines Menschen auf einem Berggipfel innewohnen kann: Ein Ziel, ein Gipfel wurde erreicht und der Blick richtet sich auf das Davorliegende. Gegensatzpaare wie Begrenzung und Weite, Höhe und Abgrund, Diesseits und Jenseits, Leben und Tod, aber auch Mensch und Natur mögen anklingen, wobei Friedrich wohl von Mensch und Schöpfung gesprochen hätte.
Die Kleidung des Wanderers hingegen lässt sich auch ganz weltlich lesen. Wie viele seiner Figuren trägt sie die sogenannte altdeutsche Tracht, die damals aus politischen Gründen verboten war. Sie kann durchaus als politisches Statement gedeutet werden.
Nicht zuletzt ist das Werk das wohl bekannteste Beispiel für die sogenannte Rückenfigur, eine Bildfindung, die Friedrich wie kaum ein anderer Maler eingesetzt hat. Traditionell wird darin eine Einladung an den Betrachter gesehen, sich mit der Figur zu identifizieren. Denn wir sehen nicht ihr Gesicht, es ist kein Individuum, vielmehr sieht sie dasselbe wie wir. Die jüngsten Interpretationsansätze sehe darin jedoch mehr eine Reflexion des Sehens, zu der uns Friedrich einlädt. Bei all diesen vielfältigen Lesarten lässt sich festhalten, dass das Bild die Menschen bis heute fasziniert und jeder darin lesen will, was sich für ihn als richtig anfühlt. Das hätte Friedrich bestimmt gefallen.